Sonntag, 14. April 2024

Stadtmodell Trier um 1800

1804 besuchte Kaiser Napoleon Bonaparte Trier. Die Stadt war seit den Revolutionskriegen ihrer alten kurfürstlichen Herrschaft beraubt, und mittlerweile Teil des französischen Staates.




Napoleon selbst residierte im Palais Walderdorff, einem Gebäudekomplex, der dem Trierer Dom direkt gegenüber liegt, und in dem zu diesem Zeitpunkt die französische Regierung ihren Amtssitz genommen hatte.

Das war natürlich konsequent, weil auch vorher hier Teile der kurfürstlichen Administration untergebracht waren.
Zu diesem Besuch gibt es eine wunderbare Anekdote.
Ob sie wirklich der Wahrheit entspricht, kann ich jetzt nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, habe aber eine dunkle Erinnerung, dass ich es selbst irgendwo gelesen habe.
Sollte sie nicht stimmen, so bleibt es dennoch eine wunderbare Geschichte, die auch den Kaiser sehr treffend beschreibt, und allein deshalb könnte sie sich auch tatsächlich so abgespielt haben.
Napoleon soll den Balkon des Palais Walderdorff betreten haben – im nächsten Bild sehen Sie den heutigen Look -, um sich einmal umzuschauen.
Dabei fiel sein Blick auf den Trierer Dom.
Leicht irritiert sah er da eine Inschrift, die heute auch wieder an diesem Platz ist.
„Nescitis qua hora dominus veniet.” (Denn Ihr wisst nicht zu welcher Stunde der Herr kommen wird).
Napoleon las das, schaute einen seiner Adjutanten an und gab den Befehl:
„Weg damit. Der Herr ist jetzt da!!!“
Weltklasse.
Ich find’s weltklasse.
So musst Du als Kaiser auftreten; und ich feiere diese Anekdote, weil ich sie so passend für den L’Empereur – VIVE L’EMPEREUR - finde.
Quellen sagen, dass die Inschrift definitiv im Jahr 1846 nicht mehr da war, und dass das Domkapitel im Jahr 1908 den Auftrag zur Wiederanbringung der Schrift erteilte.




Interessant, egal ob jetzt die Anekdote stimmt oder nicht, ist jedoch der Eindruck, den der Kaiser von dieser Stadt hatte.
Klar.
Sie war Napoleon sicherlich zu Deutsch, zu mittelalterlich und zu klerikal.
In allen Straßen erkannte man noch den mittelalterlichen Look. Auch die Stadtmauer war mittelalterlich. Der Bereich rund um den Dom, die sogenannte Domfreiheit des Mittelalters, war ebenfalls noch eingemauert. Vielleicht hat er sich sogar eingeengt gefühlt, als er im Palais nächtigte.
Man weiß es nicht.
Nett fand er bestimmt, dass kurz nach dem Besuch der Domfreihof, also der Platz innerhalb der Domfreiheit, eingerahmt von Dom, Liebfrauenkirche und Palais Walderdorff, seinen Namen bekam: „Place de Napoleon.“
Vielleicht hat er die Umbenennung sogar angeordnet. Immerhin hatte ja ER, DER HERR, da residiert.
Vive L’Empereur.
Ob Napoleon Trier jetzt imposant fand, oder nett, oder erwähnenswert??
Man weiß es nicht.
Jedenfalls gefiel ihm sicherlich die römische imperiale Tradition der Stadt, und deshalb befahl er dann auch den Abriss der Simeonskirche, die quasi um die Porta Nigra herum gebaut worden war.
Ja. Mein Kaiser wusste schon, wo etwas Imperiales verhunzt wurde. Mir doch egal, dass andere Stimmen behaupten, dass gerade der Umbau der Porta Nigra diese im Mittelalter vor dem Abbruch gerettet hätte.
Mag ja sein.
Aber ich hätte es wie mein kleiner, großer Kaiser gemacht.
Vive L’Empereur.
ER, L’Empereur, DER HERR, ließ das alte römische Stadttor wieder so herstellen wie Sie, meine lieben Leser, es heute noch bewundern können.
Hinsichtlich der Stadt Trier ist das die größte Tat des Kaisers.
Vive L‘Empereur
Aber wie können wir uns Trier zu diesem Zeitpunkt vorstellen????
Ja und eine Frage weiter.
Würde Kaiser Napoleon, käme er heute nochmals nach Trier zurück, die Stadt wiedererkennen?
Ich muss zunächst die zweite Frage beantworten.
Ja.
Er würde sie wiedererkennen.
Dass man das mit Fug und Recht behaupten kann, sehen sie an dem Stadtdiorama, das sie als heutiger Tourist im Simeonstift Trier, dem Stadtmuseum, bewundern können.



Mit diesem Stadtdiorama, das den Bauzustand Triers um das Jahr 1800 darstellt, können wir uns also recht gut vorstellen, was der Kaiser damals sah.
Na und L’Empereur würde sicherlich auch huldvoll nicken, würde er das Diorama sehen.
„Ja. So sah es hier damals bei meinem Besuch aus.“
Na und was den heutigen Tourist dann auch noch begeistert:
Obwohl die Stadt auch große Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg aufzuweisen hatte, so ist doch der Wiederaufbau so geglückt, dass der heutige Betrachter die Stadt tatsächlich wiedererkennt.
Er sieht die Straßenführung der Simeonstraße, der Brot- und Fleischstraße.







Er erkennt das Domviertel.











Natürlich auch den Hauptmarkt.




Der Kornmarkt ist klar auszumachen.





Was Napoleon mega freuen würde – mich jetzt nicht unbedingt-, dass seine Säkularisation richtig funktioniert hat.
Viele Klöster und Kirchen, die man noch auf dem Diorama erkennt, gibt es nicht mehr.
Hier ist der Bauzustand vor der Säkularisationswelle ab 1802 wiedergegeben.










Mich wiederum versöhnt es, dass einige dieser Anlagen in säkularisierter Form trotzdem noch existieren, wenn auch einige Gebäude fehlen.
Was den Betrachter verwirrt, ist allerdings der Look der Porta Nigra, denn im Diorama ist sie ja noch in die Simeonskirche eingebaut.





Auch die Konstantinsbasilika wird der Betrachter nicht direkt fassen können.


















Zum damaligen Zeitpunkt existierten nur noch die Apsis und die Westmauer des Originalbaus. (mit geringerer Bauhöhe als heute).
Diese waren im kurfürstlichen Palais mit eingebaut.
Dieser Bauzustand wurde erst durch die Preußen 50 Jahre später (ab 1848) beseitigt und wieder „romanisiert.“
Die heutige Längsachse zwischen Kornmarkt und Konstantinsbasilika gab es damals auch noch nicht.
Da musste man – verglichen mit heute – Umwege nehmen.
Was weiterhin auffällt.
Außerhalb dieser Kernstadt, der Altstadt, gab es damals noch viele freie Flächen. Vor allem Richtung Mosel.
Hier sieht man St. Irminen und das Katharinenkloster sehr einsam am Ufer.
Die Abtei St. Martin lag sogar außerhalb der Stadtmauern.
Die damalige mittelalterliche Stadtmauer umschloss somit einen großen Bereich, der noch bebauungsfähig war.
Na und dass, obwohl der damalige Umfang der Stadt, ja nur noch die Hälfte des kaiserlichen Triers umfasste.
Das sehenswerte Diorama ist komplett aus Holz im Maßstab 1:133 gearbeitet. Geschaffen wurde es in jahrzehntelanger Arbeit vom Schreiner und Geigenbauer Albert Kiefer, der zwischen 1953 und 1975 dann als angestellter Modellbauer, Restaurator und Schreiner im Stadtmuseum Simeonstift beschäftigt gewesen war.























































Die Häuser und Modelle und deren Platzierung basieren auf entsprechenden Forschungserkenntnissen und vorliegenden Quellen und Plänen.
Anzumerken bleibt, dass auch einige Gebäude dargestellt werden, die erst nach 1800 entstanden, so z.B. das Casino am Kornmarkt.
Das liegt teilweise auch am Zeitgeist, weil mit dem Modell auch die Wichtigkeit historischer Gebäude dargestellt werden sollte, um zum einen den Wiederaufbau Triers zu stützen, andererseits um dem Modernisierungswahn der End 50er und Anfang 60er Jahre Grenzen aufzuzeigen.
Historische Gebäude sollten hier deutlich als erhaltenswert definiert werden.
Zum Glück hat sich die Stadt Trier dafür entschieden.
Und nebenbei bemerkt.
Ich denke auch L’Empereur wäre zufrieden.
Na vielleicht müsste er sogar mürrisch zugeben, dass auch die Restauration der Basilika im Auftrage Preußens gelungen war.
Na und dass, obwohl L’Empereur die Preußen ja nicht wirklich leiden konnte.
Ende gut, alles gut, könnte man da noch hinzufügen.
 
 
In 1804 Emperor Napoleon Bonaparte visited Trier. The city had been robbed of its old electoral rule since the Revolutionary Wars and is now part of the French state.
Napoleon himself resided in Palais Walderdorff, a complex of buildings directly opposite Trier Cathedral, where the French government had its official seat at the time.
This was of course consistent, because parts of the electoral administration were also housed here before.
There is a wonderful anecdote about this visit.
I can't say with 100% certainty whether it's really true, but I have a dim memory that I read it somewhere myself.
If it's not true, it's still a wonderful story that also describes the emperor very aptly, and for that reason alone it could actually have happened that way.
Napoleon is said to have stepped onto the balcony of Palais Walderdorff - in the next picture you can see today's look - to take a look around.
His eyes fell on the Trier Cathedral.
Slightly irritated, he saw an inscription there, which is again in this place today.
"Nescitis qua hora dominus veniet." (For you do not know at what hour the Lord will come).
Napoleon read this, looked at one of his aides and gave the order:
"Away with it. The Lord is here now!!!”
world class.
I think it's world class.
This is how you must appear as Emperor; and I celebrate this anecdote because I find it so appropriate to L'Empereur - VIVE L'EMPEREUR.
Sources say that the inscription was definitely gone by 1846, and that in 1908 the cathedral chapter gave the order for the writing to be reinstalled.
Interesting, regardless of whether the anecdote is true or not, is the impression that the emperor had of this city.
Clear.
It was certainly too German for Napoleon, too medieval and too clerical.
In all streets you could still see the medieval look. The city wall was also medieval. The area around the cathedral, the so-called cathedral freedom of the Middle Ages, was also walled in. Perhaps he even felt restricted when he spent the night in the palace.
One does not know.
He certainly found it nice that shortly after the visit, the Domfreihof, i.e. the square within the Domfreiheit, framed by the cathedral, Liebfrauenkirche and Palais Walderdorff, was given its name: "Place de Napoleon".
He may even have ordered the renaming. After all, HE THE LORD resided there.
Vive L'Empereur.
Did Napoleon find Trier impressive, or nice, or worth mentioning?
One does not know.
In any case, he certainly liked the city's Roman imperial tradition, and that's why he then also ordered the demolition of the Simeonskirche, which had been built around the Porta Nigra.
Yes. My Emperor already knew where something Imperial was screwed up. I don't care that other voices claim that the conversion of the Porta Nigra saved it from demolition in the Middle Ages.
May well be.
But I would have done it like my little, big emperor.
Vive L'Empereur.
HE, L'Empereur, THE LORD, had the old Roman city gate restored in the way you, my dear readers, can still admire it today.
With regard to the city of Trier, this is the Kaiser's greatest achievement.
Vive L'Empereur
But how can we imagine Trier at this point????
Yes and one more question.
If Emperor Napoleon returned to Trier today, would he recognize the city?
I have to answer the second question first.
Yes.
He would recognize her.
You can see that you can justifiably claim this from the city diorama, which you as a tourist today can admire in the Simeonstift Trier, the city museum.
With this city diorama, which shows the state of construction of Trier around the year 1800, we can very well imagine what the emperor saw at the time.
Well and L'Empereur would certainly nod graciously if he saw the diorama.
"Yes. This is how it looked here when I visited.”
Well, and what also inspires today's tourist:
Although the city was also badly damaged in World War II, the reconstruction was so successful that today's viewer actually recognizes the city.
He sees the streets of Simeonstrasse, Bread and Meat Street.
He recognizes the Domviertel.
Of course also the main market.
The Kornmarkt can be clearly identified.
What would make Napoleon super happy - not necessarily me now - that his secularization worked properly.
Many of the monasteries and churches that you can still see on the diorama no longer exist.
The state of construction before the wave of secularization from 1802 is shown here.
On the other hand, I am relieved that some of these facilities still exist in a secularized form, even if some buildings are missing.
What confuses the viewer, however, is the look of the Porta Nigra, because in the diorama it is still built into the Simeonskirche.
The viewer will also not be able to grasp the Basilica of Constantine directly.
At that time only the apse and the western wall of the original building remained. (with a lower overall height than today).
These were installed in the electoral palace.
This state of construction was only eliminated by the Prussians 50 years later (from 1848) and "Romanized" again.
Today's longitudinal axis between Kornmarkt and Constantine's Basilica did not exist at that time either.
Compared to today, you had to take detours.
What is still noticeable.
Outside of this core city, the old town, there were still many free spaces at that time. Especially in the direction of the Moselle.
Here you can see St. Irminen and the Katharinenkloster very lonely on the shore.
St. Martin's Abbey was even outside the city walls.
The medieval city wall of that time thus enclosed a large area that was still capable of development.
Well, and that, although the city's extent at that time only included half of the imperial Trier.
The diorama worth seeing is made entirely of wood on a scale of 1:133. It was created over decades of work by the carpenter and violin maker Albert Kiefer, who worked as a model maker, restorer and carpenter at the Simeonstift City Museum between 1953 and 1975.
The houses and models and their placement are based on relevant research findings and existing sources and plans.
It should be noted that some buildings are also shown that were not built until after 1800, such as the casino at Kornmarkt.
This is partly due to the zeitgeist, because the model was also intended to show the importance of historical buildings, on the one hand to support the reconstruction of Trier and on the other hand to show the limits of the modernization mania of the late 1950s and early 1960s.
Historic buildings should be clearly defined as worthy of preservation.
Luckily, the city of Trier decided to do it.
And by the way.
I think L'Empereur would be happy too.
Well, perhaps he would even have to grudgingly admit that the restoration of the basilica, commissioned by Prussia, had also been successful.
Well, even though L'Empereur didn't really like the Prussians.
All's well that ends well, one might add.